Allerheiligen 2021 in Karlsruhe und Billed
Abbildung oben: Auf dem Neugässer Friedhof in Billed
Allerheiligen in Karlsruhe und Billed von Elisabeth Martini (Frick)
Am 1. November, zu Allerheiligen, zieht es die Billeder und ihre Nachkommen – nach Möglichkeit – auf den Hauptfriedhof, ans Billeder Denkmal. Dort erleben sie ein Totengedenken ähnlich dem zuhause gefeierten. Trotz regnerisch-herbstlichen Wetters war es heuer um 14 Uhr recht angenehm, man brauchte keinen Schirm und windig war es auch nicht.
In Billed war es gleichzeitig herbstlich schön, wie immer im Kontrast zum Karlsruher Wetter.
Hier auf dem Hauptfriedhof lagen die goldbraunen Blätter nass auf dem Asphalt, auf Blumen und Gräser; ein Glück, dass der Blumenschmuck der Gräber nicht dem Frost zum Opfer gefallen war.
Wieder stand dem Gemeinschaftsereignis der Billeder Werner Gilde als Organisator vor, agierte im Hintergrund und passte dasselbe den Corona-Restriktionen an: kein Chorgesang, keine Bläser. Dafür jedoch mobilisierte er die junge, selbstsichere, sprachgewandte Stefanie Hehn als Gedenkrednerin;
Heidi Müller trug gekonnt-gefühlvoll das Gedicht „Allerheiligen“von Josef Albert Stöckl vor, Elisabeth Luckhaub verlas wie alljährlich die Gebete und Fürbitten sowohl für die lieben Verstorbenen als auch für die Lebenden.
Die lange Liste der seit dem letzten Allerheiligen-Gedenktag aus dem Leben Geschiedenen verlas Werner Tobias mit genauen Angaben des Todestages, der Billeder Hausnummer, des Alters und des letzten Wohnorts.
Die stille, eindrucksvolle Feier wurde untermalt und begleitet von den aufgenommenen Billeder Kirchenlieder, wobei die „Glocken der Heimat“ am meisten berührten, manches Tränlein verursachten.
Beigewohnt haben der besinnlichen Feier zahlenmäßig mehr Billeder – und Nicht-Billeder - als 2020, was auch für 2022 optimistisch stimmt. Allen dankte Werner Gilde für Beitrag und Kommen.
Gedenkrede von Stefanie Hehn
Liebe Gäste,
ich will sie zu unserer diesjährigen Gedenkfeier zu Allerheiligen, hier am
Denkmal der Billeder in Karlsruhe, ganz herzlich willkommen heißen.
Allerheiligen ist ein Fest des Erinnerns. Auch dieses Jahr haben wir uns
versammelt um gemeinschaftlich unserer verstorbenen Ahnen zu gedenken.
Zum Brauchtum und Glaube gehört auch Allerheiligen.
Ich möchte mich bei Werner Gilde bedanken, dass er mir angeboten hat, die
diesjährige Ansprache zu halten.
Ich habe das Angebot sehr gerne angenommen, obwohl ich anfangs Bedenken
hatte, ob ich auch wirklich die richtige Person bin, um dieser Aufgabe gerecht zu
werden. Ich bin in Stuttgart geboren und habe die Bräuche und Feste im Banat
nie miterleben dürfen. Ich kenne sie aus Erzählungen meiner Eltern und
Großeltern.
Seit Jahren nimmt das Rot - das Leuchten der Kerzen auf dem Friedhof in Billed
- am Himmel ab, die Blumen, selbst die Besucher der Gottesdienste und der
Prozessionen werden im Banat immer weniger. Die mit Beton versiegelten
Gräber nehmen von Jahr zu Jahr zu.
Es ist sehr still geworden, an den Gräbern unserer verstorbenen Angehörigen
im Banat. So wie es einmal war, wird es wohl nie wieder werden.
Die Donauschwaben haben ihre Heimat verlassen. Die Heimat, welche von
unseren Vorfahren erschaffen wurde. Sie haben Vieles zurück gelassen, was
ihnen lieb und teuer war. Heimat lässt sich nicht in Koffer und Kisten packen.
Heimat ist nicht nur ein Ort.
Heimat ist ein Gefühl.
Unsere Vorfahren haben im 18. Jahrhundert ihre ursprünglichen
Herkunftsländer verlassen, in der Hoffnung im Banat ein neues Leben
aufzubauen. Allerdings waren am Anfang die Lebensbedingungen durch viel
Leid geprägt. Deswegen sind wir dankbar und stolz, dass sie es geschafft haben,
den Grundstein für ein gutes Leben für die nächsten Generationen zu setzen.
Ein Leben geprägt von Fleiß, Glauben und auch Brauchtum, von gelebter
Tradition und ofmals von Leid und Verzicht.
Ich habe selbst nicht erleben können, wie der Toten im Banat an Allerheiligen
gedacht wurde. Meine Eltern erzählten mir, die Feierlichkeiten waren besinnlicher.
Die Vorbereitungen haben schon früh im Jahr begonnen mit dem Pflanzen der
weißen Chrysanthemen, denn sie dienten als Grabschmuck.
An Allerheiligen fand um 14.30 Uhr ein Gedenkgottesdienst in der Kirche statt.
Anschließend zog die Prozession mit Musik durch den Ort zum Friedhof. Der
Pfarrer sprach ein Gebet, die Friedhofsglocke läutete und die Gräber wurden
gesegnet.
Abends beim erneuten Glockenläuten traf man sich auf dem Friedhof zur
Gedenkfeier. Der ganze Ort war auf den Beinen, um seiner Verstorbenen zu
gedenken, um zu beten und zu trauern.
Man traf sich, um sich zu erinnern, an die schönen Zeiten, die man gemeinsam
mit den Angehörigen erleben durfte. Der Friedhof war ein Meer von Blumen
und Kerzen. Die Familie, Freunde, Nachbarn und Bekannte, alle waren da. Jeder
war jedem eine Stütze.
Man war nicht alleine.
Spät abends wenn man sich auf den Heimweg begab, war der Himmel über
dem Friedhof rot erleuchtet von den vielen Kerzen - diese schöne
gemeinschaftliche Stimmung kann ich mir sehr gut vorstellen.
Danke dass ich hier sein durfte. Ich wünsche allen Anwesenden ein besinnliches
und friedliches Allerheiligen und Allerseelen.
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