Ansprachen, Video und Fotos vom Heimattag 2015
Grußwort von Jürgen Stober, Ortsvorsteher von Neureut
Sehr geehrter Herr Vorsitzender Gilde, sehr geehrter Herr Bürgermeister Obert, liebe Billeder Heimatortsgemeinschaft, werte Ehrengäste, meine sehr verehrten Damen und Herren,
ja auch ich freue mich, dass ich Sie als Ortsvorsteher von Neureut, sozusagen als Hausherr, hier in unserer Badnerlandhalle Neureut begrüßen und willkommen heißen darf.
Nach dem wiederum tollen Festumzug der Kirchweihpaare durch Neureut und dem anschließenden Gottesdienst in der Kirche St. Judas-Thaddäus, möchte ich mich ganz herzlich für Ihre freundliche Einlad-ung zu Ihrem Heimattreffen bedanken.
Ich bin gerne Ihrer Einladung gefolgt und überbringe ihnen auch die Grüße unseres Neureuter Ortschaftsrates sowie unserer Neureuter Einwohnerschaft, die zum Teil ja auch wieder entlang der Straße gestanden haben, und die sich auch alle zwei Jahre schon auf Ihren Umzug freuen.
Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren,
das Jahr 2015 ist – wir hörten es ja bereits – ein ganz besonderes Jahr. Und zwar nicht nur für Karlsruhe, das in diesem Jahr mit zahlreichen Veranstaltungen seinen 300. Stadtgeburtstag feiert, sondern auch für Ihre Heimatgemeinde Billed, im Banat, im heutigen Rumänien.
Denn Billed, ihr Heimatort – sie wissen es ja alle – begeht in diesem Jahr ebenfalls ein ganz besonderes Jubiläum: Sie feiern 250 Jahre seit der Gründung, seit der Ansiedlung im Banat. Ich freue mich deshalb auch über den Besuch des Vorsitzenden des „Demokratischen Forums der Deutschen in Billed“, Herrn Csonti, der aus ihrer Heimatgemeinde Billed hierher gekommen ist und damit auch seine stete Verbundenheit mit Ihnen unterstreicht.
Im Jahre 1765 hatte Kaiserin Maria Theresia den Ort Billed gegründet, hat deutsche Siedler angezogen und als Musterdorf angelegt. Billed hat sich über viele Jahrzehnte zu einer deutschen Großgemeinde weiterentwickelt. Sie alle kennen die Geschichte Ihrer Heimat besser als ich sie jemals erfahren könnte. Sie haben die blühenden, die schönen Zeiten ihrer Jugend miterlebt, und Sie zehren noch heute davon.
Ihre Erinnerungen gehen aber auch zurück in die Jahre des zweiten Weltkrieges, an 1944, an die Flucht von zahlreichen Billeder Familien vor der Sowjetarmee.
Für die damals in Rumänien Zurückgebliebenen begannen schlimme Jahre der Entrechtung, der Verschleppung und Diskriminierung, die ihren Willen, in den alten Siedlungsgebieten dennoch auszuharren, entscheidend geschwächt haben, und was in den folgenden Jahr-zehnten zwangsläufig in einer Massenauswanderung endete.
Sie haben hier bei uns wieder Fuß gefaßt und damit auch wieder eine „neue Heimat“ gefunden. Ihre Ortsgemeinschaft Billed feiert dazu in 2-jährigem Rhythmus den inzwischen 21. Billeder Heimattag. Und dieser Heimattag hat für Sie ja eine ganz besondere Bedeutung. Er ist ein Fest der Herzen und vor allem der Erinnerung an Ihre alte Heimat. Er ist Ausdruck des Wiederfindens einer in aller Welt zersprengten Dorfge-meinschaft, deren ursprüngliche Heimat noch allen in guter Erinnerung ist. Sie konnten zwar aus dem Banat nicht viel mitbringen, aber Sie haben ihr kulturelles Gut, sie haben ihre Trachten, sie haben die alten Lieder, vor allem auch ihre Blasmusik – der sie heute ja eine eigene Ausstellung gewidmet haben – und vieles anderes mehr mitgebracht.
Ihr Festhalten an der eigenen Identität und das Engagement, mit dem sie ihren kulturellen Schatz pflegen, waren und sind eine enorme menschliche Leistung, vor der ich immer wieder großen Respekt habe. Und Heimat, das ist zunächst einmal der Lebensraum, in dem wir aufgewachsen sind und erste Erfahrungen sammeln konnten.
Aber einen vertrauten Umkreis kann man immer wieder finden, wo wir Bindungen eingehen, wo wir gut aufgenommen und behandelt werden, wo wir einfach verwurzeln können.
Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben hier bei uns Wurzeln geschlagen; immerhin gibt es im Raum Karlsruhe etliche Familien aus Billed, die sich hier besonders wohl fühlen. Ganz besonders freue ich mich natürlich auch darüber, dass auch hier in unserer Ortschaft Neureut einige Familien aus ihrer Billeder Heimat-ortsgemeinschaft sesshaft geworden sind.
Und Ihnen ging es anfangs ebenso, wie vielen anderen Heimatvertriebenen vor ihnen. Der Start war nicht immer leicht, aber sie haben nicht resigniert.
Sie hatten ganz im Gegenteil, einen festen Willen, sich ein neues Leben aufzubauen. Sie wollten wieder Normalität herstellen, sie wollten ein neues Heim, einen neuen Arbeitsplatz, sie wollten in Frieden neuen Fuß fassen. Mit Fleiß, mit Strebsamkeit und vor allem auch mit dem Willen zur Integration haben sie es letztlich geschafft und können stolz darauf sein.
Um aber in unserer heutigen, immer schnelllebigeren Zeit, die Spuren der Herkunft und der Identität dennoch zu bewahren und an unsere Jugend weiterzugeben, bin ich froh, dass es Gemeinschaften, wie die Ihre gibt, die sich dieser sehr wichtigen und bereichernden Aufgabe verschrieben haben.
Ich finde es geradezu beispielhaft, dass die Billeder Heimatortsgemeinschaft, dass Sie, meine Damen und Herren, ihre Traditionen mit diesem alle zwei Jahre stattfindenden Heimattreffen immer wieder in Erinnerung rufen, dass sie hier zusammenkommen, dass Sie hier Zusammengehörigkeit und Traditionsverbundenheit pflegen und somit auch weitergeben.
In diesem Sinne wünsche ich Ihrer heutigen Veranstaltung einen weiterhin guten Verlauf, vergnügte Stunden, einen schönen Abend mit Ihrem Brauchtums- und Kulturprogramm und morgen früh eine schöne Gedenkfeier und eine gute Hauptversammlung.
Grußwort von Adam Csonti
Als Erstes möchte ich mich für die Einladung zum heutigen Treffen bedanken.
250 Jahre sind seit der Gründung unserer Heimatgemeinde vergangen. Es war eine geschichtlich bewegte Zeit, die so manches Opfer von unseren Vorfahren abverlangt hat.
Nach den ersten 150 Jahren des Aufbaus, als der Leidensweg mehrerer Generationen ein Ende zu nehmen schien und das Streben nach Wohlstand und Zukunft seine Früchte ragen sollte, wurden sie von den Kriegen und Ereignissen des 20. Jahrhunderts belastet.
Die heile Welt der schwäbischen Dorfgemeinschaft war auf einmal durcheinander.
Was dann geschah ist jedem von uns bekannt. Bis zur Zersplitterung und letztendlich zur Auflösung unserer Billeder Dorfgemeinschaft war es nicht mehr weit.
Als einer, der die letzten 50 Jahre miterlebte, erinnere ich mich noch an den Beginn der Auswanderung, wie traurig es war, als Kind, Spielfreunde, Klassenkollegen und später Sport oder Jugendfreunde zu verabschiden.
Dann der große Schock 1990, als in kurzer Zeit 500 Landsleute Billed verließen.
Ich versuchte gegen den Strom zu schwimmen und als Mitbegründer des deutschen Forums und der Sozialstation jenen nützlich zu sein, die ihre Heimat nicht verlassen wollten oder aus Altersgründen ein Neuanfang nicht mehr wagten. Zu ihnen entstand eine fast familiäre Beziehung, die jedoch durch ihr Ableben eine weitere schmerzhafte Trennung nach sich zog.
Auch für die Ausgewanderten war es sicherlich nicht einfach sich an ein neues Umfeld anzupassen, Misstrauen auszuräumen, Heimweh zu überwinden u.a. Trotz Allem ist uns die Zusammengehörigkeit zur Billeder Ortsgemeinschaft erhalten geblieben. Kirche, Friedhof, Schule oder Elternhaus sind unauslöschlich in der Erinnerung eines jeden Einzelnen.
Da wir Billeder heute in der ganzen Welt zerstreut leben, sind wir dankbar, dass es die Heimatortsgemeinschat gibt, die, durch ihr Wirken über die Bindeglieder Heimatblatt und die Internetseite heimathaus-billed.de, die Erinnerung an unsere Geschichte lebendig hält.
Die Sozialstation und das Forum erfreuen sich ebenfalls ihrer großzügigen Unterstützung. Dafür ein herzliches Dankeschön.
Die 250 Jahre seit der Ortsgründung wollen wir auch in Billed feiern.
Das Fest welches zwischen dem 28.08.2015-30.08.2015 stattfindet, soll ein Fest der Erinnerung und des Wiedersehens, oder für die junge Generation, ein Spurensuchen werden.
Der Billeder Gemeinderat und das Forum der Billeder Deutschen freut sich auf Euer kommen.
Abschließend möchte ich noch die Grüße des Billeder Bürgermeisters Cristian Felician David, des Gemeinderates, sowie der noch in Billed verbliebenen Landsleute überbringen. Und dem heutigen Fest ein Gutes gelingen wünschen.
Ansprache von Peter Krier am Denkmal der Billeder
Stefan Jäger hat sein bekanntes Hauptwerk, „Die Ansiedlung der Deutschen im Banat“ 150 Jahre nach dem theresianischen Hauptansiedlungsstrom der Deutschen nach Ungarn gemalt.
Nach langen Studien hat er die Situation perfekt getroffen. So muss es gewesen sein in Billed im Oktober 1765 in der entstehenden Altgass, bunt fast wie auf einem Jahrmarkt. Müde nach einer langen Reise kommen die Siedler erschöpft an. Sie begrüßen sich, winken sich zu. Die meisten sind zu Fuß, einige kommen mit Wägen. Ein paar Häuser sind fertig, an anderen wird noch gearbeitet, ein Amtmann erklärt den Männern etwas und übergibt scheinbar das erste Haus.
Franz Klein hat im Staatsarchiv in Wien Dokumente gefunden, wonach die Besiedlung Billeds am 21. Oktober 1765 begann. Unser Dorf wurde vor 250 Jahren gegründet.
Organisatorische Mängel führten dazu, dass nur 30 Häuser in der Altgass bis Ende November 1765 bezogen werden konnten. Ein Großteil der Siedler musste in Beschenowa und St. Andreas überwintern.
Umso schwungvoller, ja mit Verbissenheit, ging das Bauen dann im nächsten Jahr voran. Stefan Heinz Kehrer beschreibt dies in seinem Gedicht „Mei Vatterschhaus“ so: Die Männer stampe, stampe, mit arweitssteife Fingre. Ich heer die Stamper fluppe un die Männer keiche, ich gsien de Schwees die Backe runnerlaafe, sie stampe Hoffnung in die dicke Wänd un baue for die Ewigkeit“: Bis Anfangs September 1766 waren weitere 202 Häuser fertig, 1767 folgten noch 20 Häuser, womit, entsprechend dem Besiedlungsplan für Billed 252 Häuser auf je einer „Gerechtigkeit“ (einem Katastraljoch) standen. Billed wurde auf Ärargrund, auf kaiserlich-staatlichem Grund gebaut und auch das Feld, das die Siedler bekamen, war Staatsfeld.
Es hat wohl im Mittelalter eine kleine Siedlung auf der Billeder Gemarkung gegeben, die war aber während der Türkenherrschaft gänzlich verschwunden, lediglich der Name des Weidelandes „Belaet“ war erhalten geblieben.
Die deutschen Siedler haben keine Brücke, keine Straße, keinen Brunnen, kein Haus, kein Baum, nicht einmal einen Stein hier vorgefunden. Oder von anderen übernommen.
Es waren mutige, entschlossene Menschen, die ihre Heimat verließen, die aufgebrochen waren, um ihren Kindern eine gute Zukunft zu sichern, eine neue Heimat in Frieden, Freiheit und mit einem guten Auskommen zu schaffen.
Wir können versuchen uns vorzustellen, was die Menschen empfunden haben, die vor 250 Jahren ihre Heimat in Deutschland verlassen hatten und in ein Land gezogen sind, das sie nicht kannten, an Orte, in Dörfer die es noch gar nicht gab.
Etwas traurig und enttäuscht sitzen sie auf Jägers Bild mit ihren Bündeln da. In diesen Bündeln befand sich alles was sie hatten.
Freiwillig hatten sie ihre Heimat verlassen, mehr noch, sie hatten bezahlt, mussten sich loskaufen von ihrer Untertanenpflicht. „Manumision“ hieß dieser Freikauf damals.
Zweihundert Jahre später zahlten ihre Nachfahren wieder Kopfgeld um frei zu werden.
Adam Müller Guttenbrunn, der gründlich recherchiert hatte, beschreibt in seinem Siedlerroman „Der große Schwabenzug“ die Situation so: „Alle wollten fort, ließen freiwillig die Heimat und hatten doch großes Herzweh dabei.“ Ob der Erzschwabe geahnt hat, dass sich dies alles Ende des zwanzigsten Jahrhunderts wiederholen sollte? Dass die Nachfahren dieser Siedler noch einmal alles hergeben würden, was sie besaßen, um sich freizukaufen.
Doch kehren wir zu denen zurück, denen nun ab Oktober 1765 der Billeder „Leem“ an den Schuhen klebte. Ihre Hausplätze waren recht groß aber ihre Häuser waren bescheiden und alle gleich: E Stubb, e offene Kich, Kammer und Stallungen unter einem Dach. Gebaut wurde mit dem vorhandenen Material, Lehm, Stroh und Schilf. Bauholz hatte das Siedlungswerk bereitgestellt. Einrichtungen, Arbeitsgeräte und Vieh konnten sie sich mit bereitgestellten Darlehen – Antizipationen – genannt kaufen.
Das wichtigste Gerät des Siedlers ist der Pflug. Unsere Ahnen haben eine Pflugschar, das Zeichen des pflügenden Siedlers, des kultivierenden Kolonisten, in ihr Wappen aufgenommen. Mit dem Pflug haben sie ihren Besitz und ihre neue Heimat erworben. Wir können annehmen dass 1765, vor einem Viertel Jahrtausend, die erste Furche in den billeder Boden gezogen wurde. Und der Boden den sie pflügten, den sie mit Mühe Fleiß und Schweiß bearbeiteten trug reiche Ernte.
Aber noch war die Zeit des Brotes nicht gekommen. Es gab Rückschläge. Die Sterbezahlen in den ersten 8 Jahren sind erschreckend. In den 252 Häusern sind 1007 Personen an Epidemien gestorben. (Im Hungerjahr 1770 wurden 256 Menschen in Billed begraben)
Doch es kamen andere Siedler aus dem Reich nach und die Wiegen in den Lehmhäuser standen nie still. Die Zahl der Neugeborenen Kinder stieg stetig. In Billed wurden 1882 260 Kinder geboren. Mit 5410 Einwohnern im Jahre 1889 wurde die höchste Einwohnerzahl erreicht.
Der Überschuss an Arbeitskräften führte dazu, dass zwischen 1890 und dem Ausbruch des I. Weltkrieges etwa 1.000 Billeder in die USA ausgewandert sind.
Es gab Trokenjahre und Überschwemmungen aber der Fortschritt war kontinuierlich. Nach der Bauernbefreiung 1848, dem Bau der Schotterstraße, der Eisenbahn, dem Marktrecht, der Einführung neuer ertragreicher Pflanzen, wuchs der Wohlstand. Anfangs des 20. Jahrhunderts begann die Mechanisierung der Landwirtschaft, die Viehzucht wurde intensiviert, 1937 wurde Billed elektrifiziert. Über zwei Genossenschaften konnten die Agrarprodukte direkt vermarktet werden. Arbeitsintensive Kulturen, wie der Tabakbau, ermöglichten auch denen ein gutes Auskommen, die wenig Feld besaßen.
Es ist heute kaum Vorstellbar, dass in Billed täglich Tausend Kühe auf die Weide gingen und werktäglich 2-3 Waggon Schweine geliefert wurden. Im Vorkriegsbilled gab es sieben kleinere Industriebetriebe und 28 Handwerksbetriebe im Dorf. Billed hatte eine gute Schule, 18 aktive Vereine, jeweils 3-4 Musikkapellen.
Längst waren die Ansiedlerhäuser verschwunden. Große Häuser mit Barocken Giebeln, aus deren Fenster der Wohlstand lachte, reihten sich entlang der sauberen breiten Straßen. Alles überragte die schöne Kirche mit ihrem hohen Turm.
Billed hatte beim Ausbruch des 2. Weltkrieges, 175 Jahre nachdem die ersten Siedler ihr Saatkorn der jungfräulichen Erde anvertraut hatten, den Höchststand seiner wirtschaftlich-kulturellen Entwicklung erreicht, hatte ein Höchstmaaß an Selbstbestimmung und Selbstverwaltung erreicht. Die Zeit des Brotes und des Segens war gekommen.
Was war das für ein Streben, für ein pulsierendes Leben, vor allem bei der Jugend, die dabei war die sozialen Unterschiede zu durchbrechen.
Aber die Ewigkeit, für die sie gebaut hatten, war Mitte des 20. Jahrhunderts rum, schreibt Hans Kehrer in dem erwähnten Gedicht.
Mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges begann die Serie der Katastrophen, an deren Ende wir nicht mehr sein sollten.
Wir waren die Verlierer dieses ersten großen Krieges. 134 der Unseren sind im Felde geblieben, Heldentod nannte man damals noch das grausame Sterben in den Schützengräben.
Das Leben ging weiter. Andere erzogen ihre Kinder, gingen den von ihnen begonnen Pfad weiter. Es schien wider gut zu werden, ein neues Aufblühen der Gemeinde folgte.
Doch schon 21 Jahre nach dem Ende des I. Weltkrieges, folgte der 2. große Krieg, Er hatte noch viel schlimmere Folgen für uns, von denen wir uns niemals erholen sollten. 2015 ist nicht nur das 250. Jubiläumsjahr unserer Dorfgründung. 2015 erinnert uns an die Russlanddeportation vor 70 Jahren. Von den 556 Deportierten, die während der Zwangsarbeit unbeschreibliche Not erlitten, sind 76 gestorben.
2015 jährt sich mit der Kapitulation der Wehrmacht von 8. Mai 1945 das Ende des 2. Weltkrieges zum 70mal. Politisch korrekt war der 8. Mai 1945 ein Tag der Befreiung, doch wir gehörten nicht zu den Befreiten. Uns hat niemand gefragt auf welche Seite wir wollten, wir gehörten einfach zum falschen Volk und damit zu den Verlierern.
Wir wurden bestraft für die Verbrechen anderer. Als wir unsere Toten zählten waren es 102 Gefallene, die über ganz Europa verstreut liegen.
Noch einmal mussten wir Ende 1955 die Nichtheimgekommen zählen, 58 der Unseren hatten wir mit dem Staub des Baragan zugedeckt. Die Überlebenden wurden Ende 1955, also vor 60 Jahren frei. Ein weiteres Gedenken.
Und noch ein Gedenken haben wir 2015. Am 23. März 1945 wurde in Rumänien das Bodenreformgesetz beschlossen und willkürlich angewandt. Alle Deutschen wurden enteignet, sie verloren ihren Grund und Boden, Landwirtschaftliche Geräte, Vieh und ihre Häuser. Später wurden auch die Handwerker enteignet.
Von freien Bauern, wurden wir Tagelöhner und Landarbeiter auf unserem vormals eigenem Grund und Boden.
180 Jahre nach der Gründung des Dorfes standen die Nachfahren der Siedler wieder so da, wie ihre Ahnen gekommen waren. Geblieben war ihnen nicht viel. Nun wollten alle fort.
Auch diesmal mussten sie Zahlen. Sie machten sich Schulden, zahlten was sie konnten, um frei zu werden.
Was sie mitnehmen durften passte in eine Kiste, 32 Kilogramm je Person, war alles was sie nach 200 Jahren Pionierleistung mitnehmen durften.
Der korrupte kommunistische Staat hatte sie zu seinem Eigentum erklärt und wie Ware verkauft.
Nach dem der Kommunismus hinweggefegt war, sind im Jahre 1990 also vor 25 Jahren, wieder ein Jubiläumsjahr, über 500 Billeder ausgesiedelt, es war ein Exodus der Deutschen aus Billed. Eine kleine Gruppe Standhafter hat einen neuen Anfang im Heimatdorf gewagt.
In diesen 250 Jahren nahm unsere Geschichte viele Unwege und viele Umwege. Zu denen, gehört Pschemysl, der Isonzo, es gehört dazu auch Stalingrad und die Normandie, Stalino und Jenakiewo, Frumusita und Dilga, Namen die uns bekannt sind wie die Nachbarsdörfer Betschkerek und Beschenowa. Sie gehören zu unserer Geschichte.
In Billed haben in diesen 250 Jahren etwa 10.000 Menschen, gelebt und gearbeitet, die unglücklich und glücklich waren, die dort gebetet, getrauert, aber auch getanzt, geliebt, gesungen und gelacht haben. Ihrer aller gedenken wir in dieser feierlichen Stunde. Wir tragen ihre Namen und ihre Genen, sie leben fort in uns und in unseren Nachfahren.
Sie alle beziehen wir in unser heutiges Gedenken. Sie waren und wir sind Billeder.
Wie tief diese Billeder Heimat in uns sitzen kann, habe ich vor einiger Zeit am Sterbebett einer alten Frau erlebt. Sie sagte plötzlich, kurz vor ihrem Ende „jetzt hör ich unsere Heimatglocke laute, die Billeder Klocke. Herscht du se ach? Ich musste meine Antwort länger überlegen, bis ich sagte „jo ich her se ach“.
Ich dachte mir, vielleicht höre ich sie wirklich, vielleicht hören wir sie alle, wenn unsere Stunde gekommen ist.
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